Raoul Roßmann ist Geschäftsführer Einkauf & Marketing beim Drogeriekonzern Rossmann. Der 32-Jährige kritisiert die Angebote dubioser Händler auf dem „Amazon Marketplace“ und sieht dort einen „praktisch rechtsfreien Raum“ ohne Produktkontrolle.

Herr Roßmann, Sie haben erklärt, der „Amazon Marketplace“, bei dem quasi jeder Händler Produkte verkaufen kann, sei so etwas wie das „Darknet“ des Onlinehandels.

Das habe ich darauf bezogen, dass der Verbraucherschutz dort einfach keine Rolle spielt, deshalb kann man da von „Darknet“ sprechen. Eine wirkliche Produkthaftung und ein Interesse an der Gesundheit des Verbrauchers besteht dort nicht. Wir hatten uns dazu unter anderem eine Gesichtscreme auf dem „Marketplace“ angesehen, die 150 Bewertungen mit einem Stern erhalten hatte. Da fragt man sich natürlich, warum nach der zehnten oder elften Ein-Stern-Bewertung überhaupt noch jemand weiterkauft. Aber daran sieht man, dass Kundenbewertungen eben auch nicht abschrecken. Es gab darüber hinaus auch noch reihenweise Kommentare mit den Begriffen „Hautrötungen“, „Hautverätzungen“ et cetera. Daran sieht man doch auf den ersten Blick, dass da etwas nicht stimmen kann. Trotzdem wird der Artikel weiterverkauft. Und bei diesem Thema legen wir den Finger in die Wunde.

Sie haben 24 Produkte, die zum Großteil über China nach Deutschland kamen, testen lassen und 93 Einzelverstöße gegen die EU-Kosmetikverordnung festgestellt.

Wir haben uns über ein halbes Jahr mit dem Thema befasst, bevor wir uns zusammen mit „dm“ und „Douglas“ an die Bundesregierung gewandt haben. Wir wissen, das ist eine schwere Thematik, aber bei dem Ausmaß muss man jetzt auch entschlossen handeln. Für uns ist klar, dass Amazon für bestimmte Produktgruppenbereiche in die Haftung genommen werden muss. Und wenn das Unternehmen das nicht tut und man sieht, dass die Mehrzahl der Artikel nicht verkehrsfähig ist, dann muss man eine Plattform abschalten.

Wie geht es weiter?

Ich denke, dass Amazon wahrscheinlich eigene Leute einstellen muss, die sich mit der Thematik befassen, die ein Dokumentenmanagement nachhalten, sich mit Zertifizierungen auseinandersetzen, um überhaupt zumindest mal eine Plausibilitätsprüfung zu machen, ob ein Artikel überhaupt verkehrsfähig ist. Das ist bei einem kosmetischen Mittel, das auf Englisch verkauft wird, nicht der Fall. Das ist doch ganz klar.